San Miguelito ist ein ruhiges, gemütliches Dorf. Aber zweimal im Jahr, wenn hier richtig groß gefeiert wird, herrscht Ausnahmezustand. Zum einen finden im September große Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag statt. Zum anderen wird kurz vor Ostern bei den fiestas patronales, also bei dem Patronatsfest zu Ehren von Santa Miguel (Heiliger Michael) eine Woche gefeiert, sodass ich dieses Fest miterleben durfte.

Fiestas Patronales in San Miguelito

Fiestas Patronales in San Miguelito

Am Samstag gab es schon in der Sporthalle eine kleine Party, wo ich mit meiner „Gastschwester“ Regina und ihren Freundinnen war. Es war echt lustig den Nicas beim Tanzen zuzuschauen, weil die ganz schön wild und anzüglich tanzen. Wem´s gefällt…. Ansonsten hat sich die Party nicht so sehr von einer unserer deutschen Partys unterschieden: laute Musik (auch vieles, bekanntes Englischen), junge Leute, viel Bier.

Am Sonntag fand ein Reiterumzug durch San Miguelito statt, die Pferde waren geschniegelt und gestriegelt und die überwiegend männlichen Reiter sahen mit Cowboyhut und Karohemd richtig fesch aus. Am Abend waren wir noch bei der Stierkampfarena, wo mittlerweile ranchos (aus Holz zusammengezimmerte Essens- und Getränkestände) aus dem Boden gestampft wurden. Die Mädels wollten aber tanzen und da sich die ranchos nur gegenseitig mit lauter Musik beschallten, war das nicht möglich und wir sind wieder runter ins Dorf gelaufen.

Reiterumzug mit feschen Cowboys

Reiterumzug mit feschen Cowboys

Am Mittwochabend wurde im Rahmen der Fiestas Patronales eine Feuershow vor der Dorfkirche veranstaltet, die mich ganz schön schwitzen hat lassen. Ein älterer Junge rannte nämlich wild mit einem Stier aus Holzstöcken und Pappe, an dem einige Feuerwerkskörper und Knaller befestigt waren, durch die Menschenmenge. Zuvor wurden die Zundschnür natürlich und es knallte und leuchtete. Mit Stöcken versuchten andere Kinder den Stier aus Pappe kaputt zu machen. Währenddessen hat die Musikkapelle kräftig gespielt. Ich fand das alles ganz schön verrückt und gefährlich, vor allem da zwischendurch in unmittelbarer Menge der Menschen einige (vermutlich selbstgebaute) Silvesterraketen abgeschossen wurden und zum Schluss ohne Absperrung eine große Zündschnur mit Knalleffekten im Park ausgelegt wurde. Ich hab mir das ganz sehr erstaunt angeschaut. Was ich wirklich toll fand, war eine selbstgebaute Lichtinstallation, bei der am Ende ein Bild des heiligen Michael erschienen ist. P1140143

Das Finale und den Höhenpunkt der Fiestas Patronales bildet das Stierkampffest, welches in der Festwoche von Donnerstag bis Sonntag stattfindet und vor allem am Wochenende unzählige Besucher anzieht. Am Mittwoch war deshalb in San Miguelito schon der letzte Schultag vor den Osterferien, wobei jedoch schon kaum mehr Kinder in der Schule waren (hier wird die Schulpflicht leider nicht so ernst genommen und ein längeres Fernbleiben der Schüler auch nicht polizeilich verfolgt). Am Donnerstagvormittag wurde das Stierkampffest mit einem „Spaziergang“ eines Stiers, der von vier Reitern an langen Seilen festgehalten wir, eingeläutet. Dem Stier folgten unzählige Menschen (ich hab mir das natürlich auch angeschaut) und die Musikkapelle. Einige mutige Jungs spielten Torero und wenn der Stier einen Satz zur Seite machte, rannte die Menge schnell auf die Seite. Unbestritten bestimmt ziemlich ätzend für den Stier, der sonst friedlich auf der Wiese grast.

Das Stierkampffest beginnt...

Das Stierkampffest beginnt…

Am Nachmittag fand dann der erste Stierkampf statt und auch wenn die Stiere hierbei bestimmt keine Freude haben, geht es im Vergleich zu spanischen Stierkämpfen mit Mord und Todschlag doch recht harmlos zu. Am ersten Tag war der Eintritt in die Stierkampfarena, die es eigens für diese Fest gibt und deren Palmendach jedes Jahr erneuert wird, für Kinder kostenlos. Die Stiere waren an diesem Tag kleiner und Kinder und Jugendliche waren sowohl Reiter als auch Toreros.

Am ersten Tag ging es weniger wild zu: kleinere Stiere und Kinder und Jugendliche in der Arena

 

Es lief so ab, dass zunächst der Stier mit einem Reiter auf dem Rücken in die Arena gelassen wurde, den er meist nach kürzester Zeit abgeworfen hatte. Im Anschluss wurde der Stier von den Toreros mit roten Tüchern getriezt bis er schließlich von den drei bis vier Reitern auf geschmückten, schönen Pferden mit dem Lasso eingefangen wurde, was ich ziemlich eindrucksvoll fand. Ein Stier ist so ca. 5 Minunten in der Arena und dann kommt ein anderer. Täglich begann das Spektakel gegen 1 Uhr und bis halb 6 kam ein Stier nach dem anderen. An den anderen Tagen waren die Stiere größer und wilder und die erwachsenen Reiter trugen einen Schutzhelm. Einige konnten sich über Minuten auf dem wilden Stier halten, wirklich faszinierend.

Drumherum viele fliegende Händler, viele Jungs mit Cowboyhut, viel Bier und ein toller Ausblick von der Stierkampfarena, die sie oberhalb von San Miguelito befindet, auf den Lago de Nicaragua. Ich fand es ziemlich eindrucksvoll und es war eine tolle Atmosphäre.

Wenn ein Stier rot sieht...