4. Tag Dienstag, 09.09.2008

Um 7 Uhr hat uns Najaz auf unseren Wunsch geweckt. Obwohl für sie schon wieder Fasten angesagt war, hat sie uns Frühstück gemacht und dann haben wir uns verabschiedet.
Wir bekamen am Sammeltaxiplatz sofort zwei Plätze in Taxi nach Tabannt, von Azilal aus ist es also kein Problem in das kleine Bergdorf zu gelangen. Um ca. 45 Minuten ging es dann los: Basti saß mit einem Marokkaner auf dem Beifahrersitz (der mit einem Kissen „verlängert“ war) und ich mit zwei Amerikanern hinten. Die Fensterkurbeln, beim recht in die Jahre gekommenen Auto, waren weggebaut (wohl damit die Leute besser Platz haben) und es gab eine Kurbel zum herumreichen, sehr amüsant.
Die Fahrt nach Tabannt dauert ca. 2 Stunden, obwohl es nur ca. 78 km sind. Die Straße ist ein breiter Schotterweg, der über viele Serpentinen durch kleine Bergdörfer führt, Tabannt liegt auf ca. 1800 m.
Die Temperaturen hier oben im Gebirge waren während der ganzen Wanderung bei angenehmen 25 Grad, nachts hatte es nie unter 15 Grad. Der Sommer ist die perfekte Jahreszeit für Wanderungen im Hohen Atlas, im Oktober kann es dort schon wieder schneien und es dauert bis in den Mai, bis der Schnee vollkommen geschmolzen ist.

Von grünen Tal geht es hinauf bis auf fast 3000 m

In Tabannt hat man die Möglichkeit sich mit Lebensmitteln und Getränken eindecken und ggf. auch eine geführte Wanderung durch den Hohen Atlas buchen, Angebote gibt es hier genug, auch wenn Tabannt aus wenigen Häusern an einer Schotterpiste besteht.
Wir starteten auf eigene Faust, zunächst ging es über grüne Felder und dann zunächst langsam i den Berg hoch. Es gibt auf halber Strecke zum Pass eine Art Zisterne, dies ist die letzte Möglichkeit Wasser aufzufüllen für ca. eine Tagesetappe, also sollte man hier nochmals auftanken.
Wir kamen auf ca. 2500 m an einer Berghütte ohne jegliche Wasserversorgung vorbei, 4 Kinder (ziemlich ärmlich und von oben bis unten schmutzig) haben uns neugierig bestaunt und sind uns ein Stück nachgelaufen. Sie haben nicht so recht verstanden, dass wir ihre Sprache nicht verstehen! Es ist erstaunlich auf welche Menschen und Lebensweisen man trifft, wenn man hinausgeht in die entlegensten Winkel der Welt.
Wir hatten immer wieder Probleme, den richtigen Weg zu finden, trotz unserer Karte.
Auf einer Ebene, in der Nähe eines kleinen Weges, haben wir schließlich unser Zelt aufgebaut, leckere Nudeln gekocht und sind schon bald schlafen gegangen. Unser Entschluss: Am nächsten Tag dem Weg nachlaufen!

 

 


5. Tag Mittwoch, 10.09.2008

Beim Frühstück haben wir Leute entlang des Weges den Pass hochlaufen sehen. Wir haben den gleichen Weg genommen, es war ein harter Aufstieg, weil man immer den steilen Weg zum Pass vor sich gesehen hat. Wir waren sehr froh, als wir endlich auf 2900 m angekommen waren. Es folgte ein ca. 2-stündiger Abstieg ins Tal auf der anderen Seite des Berges. Immer wieder sind wir hier Berbern auf Esel und Pferd begegnet, die Tiere sind hier hilfreiche, notwendige Lebensgefährten, um Waren in die unzugänglichen Bergdörfer zu transportieren.

Im Tal sind wir immer weiter einem trockenen Flusslauf gefolgt, nach ca. ein bis zwei Stunden erreichten wir endlich das Dorf Tighremt Aid Ahmed, dort gibt es endlich klares Flusswasser. Als Zeltplatz eignet sich die Umgebung um wir die halbverfallene Kashbah, kurz vor dem Dorf. Hier wird man nicht sofort entdeckt und der „Besucherstrom“ hält sich in Grenzen. In dem Dorf gibt es auch eine günstige Gité Ètappe zum Übernachten.

 

6. Tag Donnerstag, 11.09.2008

In der Früh kam gleich ein Mann und hat gefragt, ob wir ein Muli brauchen. Wir haben dankend abgelehnt. Heute hat die Sonne wieder gelacht und so konnten wir sämtliche Klamotten im Fluss waschen. Wir sind durch viele kleine Dörfer gelaufen, viele Kinder haben uns angebettelt. Als wir einige Bonbons verteilt haben, kam plötzlich das ganze Dorf angerannt. Die Leute dort sind sehr arm, haben keinen Strom und kein fließendes Wasser. Trotzdem wurden wir sehr oft zum Tee eingeladen und zum Übernachten, sind jedoch häufig auch weitergezogen.

Immer auf, über, neben dem Fluss. Es war eine angenehme Etappe, immer wieder sind wir durch den Fluss gewatet, manchmal gab es kleine Brücken. Man sollte für die Tour auf jeden Fall Schuhe dabei haben, mit denen man auch mal knietief durch das Wasser waten kann. Ein Dorf vor unserem eigentlichen Zielort Imi Nirkt, sind wir auch eine nette Gité Étape gestoßen und haben dort übernachtet (bei Brahim, einfach nachfragen, sehr freundlich!)

 

 

Es gab dort sogar eine alte, kalte Dusche, fühlte sich gut an nach drei Tagen wandern. Abends haben wir zusammen mit der sehr armen Familie Feigen, Kaffee und eine nahrhafte Suppe gegessen. Die Frauen (Mutter und Schwester von Brahim) saßen gar nicht richtig auf den Essmatten, sondern auf dem Boden. Brahims Schwester ging auf den Flur zum Spülen. Ihr kleines Kind hatte auch großen Hunger und Durst und wurde nach dem Essen ins „Bett“ gebracht. Als wir in unser Matratzenlager gingen, sahen wir, dass das „Bett“ ein Haufen Matten im Hausgang war, auf dem das Kind schlief. Das tat in der Seele weh. In unserem Zimmer bekamen wir den eigentlichen Hauptgang: Tajine. Wir waren aber so voll, dass wir nach ein paar Kartoffeln die Höflichkeitsration eingepackt haben und den Rest Brahim zurückgegeben haben, damit er es der Familie gibt.

7. Tag Freitag, 12.09.2008

Wir haben Hamid (dem Kleinen) noch Hustenbonbons dagelassen, da er nachts stark gehustet hat, dann sind wir losgelaufen. Die Suppe vom Vortag beschäftigte mich den ganzen Morgen, man sollte unbedingt die Essensregeln beachten, wenn möglich und gute Medizin gegen Magen-Darm-Probleme mitnehmen. Als wir losgelaufen sind, mussten wir feststellen, dass der Fluss nun ganz braun war, das war´s dann wohl mit Trinkwasser. Zum Glück haben wir eine Quelle gefunden und haben unsere Vorräte aufgefüllt, weitere Quellen waren zum Glück auf unserer Karte eingzeichnet, außerdem kann man in fast jedem Dorf Getränke kaufen. Nach Imi Nirkt führte uns der Weg dann in die Schlucht.

 

Teilweise mussten wir ein bisschen über Felsen klettern und die Knie haben ganz schön geschlottert. Immer wieder ging der Weg auf der anderen Seite weiter und wir mussten über den Fluss. Ca. 1 km nach dem Dorf … haben wir einen schönen Zeltplatz gefunden. Um 9 Uhr meldete sich die Suppe wieder, die Nacht war der Horror.

 

 

 

8. Tag Samstag, 13.09.2008

Da ich wegen der Magen-Darm-Probleme und der beinahe schlaflosen Nacht geschwächt war, haben wir uns entschlossen, die Tour, wenn möglich früher als geplant zu beenden, sobald wir ein Dorf finden, indem es eine Möglichkeit gibt, uns mit dem Jeep aus der Schlucht herausfahren zu lassen. In …. konnte uns niemand eine Auskunft geben, ob es einen Transport nach El Kelaa M´Gouna gibt. Als wir schon am Ende des Dorfes waren haben wir noch einen Jungen angesprochen. Der kannte dann tatsächlich einen Mann mit Auto. Wir haben 20 Minuten gewartet um den Preis mit dem Fahrer zu verhandeln, und ihn dann von 500 auf 350 Dirham runtergehandelt, sehr viel Geld, jedoch werden in dem alten Mercedes Benz Allrad ca. 50 Menschen (30 innen, 20 auf dem Dach) transportiert und wir hatten den Bus für uns alleine. Die Fahrt war irgendwie lebensmüde, am angsterregendsten waren die Überholmanöver. Nach 2 Stunden kamen wir ENDLICH in El Kelaa M´Gouna an, dort ging um 20 Uhr unser Bus nach Ouarzazate, um 10 Uhr waren wir endlich im Hotel Atlas (sehr sauber und günstig, Zimmer mit Bad 140 DH). Endlich eine warme Dusche, wir waren dann doch ziemlich froh in der Zivilisation zu sein.

 

WICHTIG: Für die Tour ist ausreichend Essen, Zelt und Schlafsack und körperliche Fitness (ausreichend für mehrtägige Bergwanderungen) notwendig. Die Wege sind gut zu erkennen, lediglich der Pass ist etwas schwierig zu finden. Man sollte in jedem Fall Karte und GPS mitnehmen oder sich für eine geführte Tour entscheiden. Bei starken Regenfällen ist diese Tour kaum möglich, da das Wasser an den schmalen Stellen der Schlucht, so sehr ansteigt, dass eine Durchqueren kaum möglich ist. Trekkingsandalen, mti denen man auch mal knietief im Wasser laufen kann sind dringend zu empfehlen. Viel Spaß!

Kultur-Trekking im Zentralen Hohen Atlas
Mohamed Aït Hamza & Herbert Popp:
Wanderkarte “Kultur-Trekking im Zentralen Hohen Atlas” (Marokko)
Thematische Karte im Maßstab 1:100.000, mehrfarbig

€ 10,10. ISBN 3-932820-14-2